„Wir haben die Erwartungen übertroffen“

  22.06.2017    Handball Frauen Frauen 1
Interview Nach dem Saisonfinale mit den Handballerinnen des TSV Schmiden blickt der Trainer Thomas Fürst zurück auf die langwierige Entscheidungsfindung über den Aufstieg, seine Helfer auf und neben dem Spielfeld sowie voraus auf die Aufgaben in der Württemberg-Liga.

Die Handballerinnen des TSV Schmiden hatten sich Ende April auf dem zweiten Tabellenplatz im Endklassement der Landesliga für die Aufstiegsrunde zur Württemberg-Liga qualifiziert. Nach dem 27:26-Heimsieg im ersten Spiel gegen die HSG Deizisau/Denkendorf verlor das Team um den Trainer Thomas Fürst Ende Mai beim TSV Köngen mit 26:28. Zunächst war anschließend unklar, wer denn nun den Sprung nach oben geschafft hatte. Wenig später jubelten die Gäste aus Schmiden, doch die Gewissheit über das erfolgreiche Ende kam erst knapp eine Woche später – als die Verantwortlichen des Handballverbands Württemberg (HVW) einen Fehler ihrerseits einsahen und letztlich alle Vertreter dieser Dreiergruppe in die Württemberg-Liga schickten.

Wie geht’s Ihrem Daumen, kann er jetzt endlich nach oben zeigen?
Ich hatte mir ja auf unserer Abschlussfahrt ein Band im linken Daumen gerissen, zudem war der Knochen lädiert. Der Eingriff ist gut gelaufen, der Daumen zeigt in jedem Fall wieder nach oben.

Es war ja sportlich gesehen zunächst nicht klar, ob Sie mit den Handballerinnen des TSV Schmiden in die Württemberg-Liga aufgestiegen sind. Können Sie die Situation am Ende des letzten Spiels beim TSV Köngen beschreiben?
Knapp fünf Minuten vor Schluss habe ich eine Auszeit genommen, wir lagen mit fünf Toren zurück. Da habe ich den Spielerinnen gesagt, dass eine Niederlage mit zwei Toren eventuell auch reichen  würde. Ich habe dann mit meinem Co-Trainer Jochen Vogt ausgemacht, dass wir offensiv verteidigen und alles oder nichts spielen. Das hat auch richtig gut funktioniert, der Gegner kam damit gar nicht zurecht. Wir haben einen Ball nach dem anderen bekommen, und Shefkije Kuqi macht dann eine halbe Minute vor Schluss das Tor zum 26:28. Wir hatten sogar noch eine Torchance, aber dann war die Zeit vorbei.

Wer hat dann gejubelt in der Halle?
Ich habe nach dem Schlusspfiff erst gedacht: Wie ist es jetzt? Ich bin zum Zähltisch hin und habe gefragt, was jetzt Sache ist, aber keiner wusste es. Dann kam ein Zuschauer und hat gesagt: ‚Hey, ihr seid aufgestiegen, ihr habt mehr erzielte Treffer auf dem Konto, nach den Regularien seid ihr durch.’ Anschließend bin ich in die Schiedsrichterkabine, da war auch eine Vertreterin vom HVW, die allerdings gesagt hat, sie treffe keine Aussage zum Aufstieg. Aber wir haben die erzielten Treffer ausgerechnet, und dann war mir klar, dass wir es geschafft haben. Ich bin zum Team und habe gegrinst, und dann ging der Jubel los. Aber bis dahin standen beide Teams nur rum.

Wie war daraufhin die Reaktion der Gegner?
Der Trainer kam anschließend zu mir und meinte, so sei das schon in den vergangenen Jahren gewesen, dass die mehr erzielten Treffer zählten. Da war es klar für mich, dass wir aufgestiegen sind. Und dann kam Ihr Anruf, und es war nicht mehr so klar.

Weil es eben noch eine zweite Schrift gab, die etwas anderes aussagte. Die Unklarheit blieb ja aber noch bestehen, auch auf der Abschlussfahrt nach Frankreich. Wie war dort die Stimmung?
Wir waren in drei Autos unterwegs und haben die ganze Zeit telefoniert. Aber die meisten Stimmen haben bestätigt, dass wir aufgestiegen sind. Wir haben auch das richtige Schriftstück gesehen, da war ich mir dann wieder zu 70 Prozent sicher, dass wir aufgestiegen sind. Bei der Ausfahrt war es sehr lustig, wir waren in einem Ferienhaus in den Vogesen, ohne Handyempfang, deswegen haben wir auch das gesamte Wochenende fast nichts mitbekommen. Wir haben gefeiert und uns gefreut, dass die lange Saison endlich rum ist.

Letztlich kam dann aber erst knapp eine Woche später die offizielle Bestätigung vom Handballverband Württemberg, dass alle Teams der Aufstiegsgruppe den Sprung nach oben geschafft haben.
Das war der logische Schritt nach dem Fehler des Verbands.

Wie lautet Ihr Fazit der gesamten Saison?
Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf, es wäre sicherlich noch mehr drin gewesen, weil wir uns ziemlich viele unnötige Niederlagen geleistet haben. Es war aber auch ein bisschen Glück dabei, weil die Konkurrenten uns mit ihren Ergebnissen oft geholfen haben. Wir mussten aber auch vier Ausfälle verkraften, vier Spielerinnen sind jeweils mit einem Kreuzbandriss ausgefallen. Trotz allem aufzusteigen, das war eine sehr, sehr gute Teamleistung. An diesem Teamspirit hat auch Susanne Castor einen großen Anteil.

Sie war mit ihrer Erfahrung Ihr verlängerter Arm auf dem Spielfeld. Inwiefern hat sie Ihnen noch geholfen?
Susi unterstützt mich bei allem, vor allem was die Mädels angeht; wenn es da kleinere Probleme gibt. Wir sprechen uns auch oft ab, das ist sehr viel wert. Auch auf dem Feld setzt sie vor allem in der Offensive Akzente, das ist große Klasse. Sie ist eingesprungen, wenn es bei der einen oder anderen Spielerin mal nicht so gut lief.

Welches war ihr Highlight der Saison?
Das war sicherlich der Einzug in die Aufstiegsrunde, damit hat vor der Runde niemand gerechnet. In der Saison zuvor hatten wir ja mit nahezu demselben Kader gegen den Abstieg in die Bezirksliga gespielt. Wir haben unsere eigenen Erwartungen und die Erwartungen vom Verein übertroffen.

Wo sehen Sie im Team noch Verbesserungspotenzial im Hinblick auf die kommende Spielzeit?
Wir waren in der Defensive viel zu löchrig. Wir haben oft nicht die nötige Laufbereitschaft gezeigt und haben viel zu viele Gegentore hinnehmen müssen. Wir müssen in jedem Fall unser Rückzugsverhalten verbessern und die Art, wie wir unsere Torfrauen unterstützen.

Wie sieht die Planung für die Württemberg-Liga aus?
Wir wollen in jedem Fall die talentierten AJugendlichen bei uns integrieren: Lara Laufer, Miriam Ader, Jeanette Merz oder auch Carolin Glock. Die wollen wir nach und nach einbauen, erst mal im zweiten Frauenteam, aber wenn es passt, auch bei uns. Sicherlich ist es jetzt schwieriger eine Liga weiter oben, aber sie trainieren super mit. Wir sind auch in Gesprächen mit Spielerinnen von auswärts, aber das wird sich in den nächsten Tagen und Wochen dann ergeben. Annika Kögel und Shefkije Kuqi werden uns verlassen, Elisabeth Fein und Susan Pohl werden etwas kürzertreten. Melanie Scheifele und Sabrina Ademaj kehren nach ihren Kreuzbandverletzungen zurück.

Wie steht es um das Trainerteam?
In der Rückrunde hat mich ja Jochen Vogt unterstützt, das war ein absoluter Glücksfall für uns. Seine ruhige Art und seine Ideen haben uns enorm geholfen. Aber er macht nicht weiter, springt höchstens mal ein, wenn ich nicht da sein sollte. Unser Torwarttrainer Kevin Kirr macht weiter und möchte sich vermehrt einbringen.

Wann starten Sie mit der Vorbereitung?
Am 3. Juli geht es wieder los. Aufgrund der verlängerten Saison und der damit verbundenen kürzeren Vorbereitungszeit auf die nächste Runde werden wir zu Beginn dreimal in der Woche trainieren, eine athletische Einheit und zwei Spieleinheiten. Und dann gehen wir hoffentlich gut gerüstet in die neue Saison.

Das Gespräch führte Maximilian Hamm.
 
 
Zur Person Thomas Fürst, 36, trainiert seit dem Sommer 2015 die Handballerinnen des TSV Schmiden und ist mit ihnen vor wenigen Wochen von der Landesliga in die Württemberg-Liga aufgestiegen. Davor betreute er die B-Jugendlichen des HSC Schmiden/Oeffingen. Seit 1997 ist er als Trainer tätig, in der Jugend begann er in Bissingen mit dem Handballsport. Heute wohnt er in Ludwigsburg und ist als Ingenieur in Weissach beschäftigt. max

erstellt von Maximilian Hamm von der Fellbacher Zeitung